Mittwoch, 26. November 2014



WOCHE VIER


Ein Attentat. Eine Kampfansage. Eine Vermisstenmeldung. Ist Sport doch Mord?

Seit November läuft das Projekt "Fitness-Studio vs. Boot-Camp". Verrückt nach München schickt zwei Blogger ins Rennen, Sie und Ihn, beide Anfang 30. Wie läuft Woche vier? Seht hier!



Fitness-Studio "Lady sportiv"


Was sind das eigentlich für gemeine Attacken aus dem Boot-Camp? Ob ich mal zum Samstagstraining mitkommen könne, ein paar Fotos machen und so. Ein Vormittag im Englischen Garten war noch nie verkehrt. Also willige ich auf den Vorschlag meines Kontrahenten ein. Nichtsahnend.

Und dann stehe ich da, verfroren im Nieselregen. Liebäugle damit, nach den Anderen durch den Schlamm zu hüpfen, Häschen zu spielen, nur um dieser Kälte zu entgehen, die sich in meine Gelenke frisst. "Mach doch mit", rufen die Boot-Camper. "Aber dann alle Übungen, damit dein Körper warm bleibt", warnt Trainerin Marina.

Den Wettbewerb verfälschen? Nein, das geht nicht. Ich jogge etwas auf dem asphaltiertem Weg vor mich hin und genehmige mir erst dann eine einzige Übung, als ich meine Zehen nicht mehr spüre: den Schwimmer im Stehen: Hintern raus, leicht in die Knie, Füße in hüftbreiter Entfernung voneinander parallel. Jetzt die Arme über dem Kopf zusammen nehmen und wie im Pool fest seitlich nach unten zur Hüfte schlagen. Easy, dieses Boot-Camp!

In der Nacht heule ich vor Schmerz. Ohne es zu wissen, habe ich meinen vor Kälte verkrampften Körper misshandelt. Mein oberer Rücken fühlt sich an, als wäre er aus Beton und darunter am Schulterblatt ein Nerv eingeklemmt. Wenn ich mich beim Schlafen leicht drehen möchte, muss ich mich mit den Beinen zur Bettkante manövrieren. Ohne den Oberkörper zu bewegen, plumpse ich auf den Boden, um mich dann ganz vorsichtig neu auf die Matratze zu legen. Eine Nacht in Zeitlupe. Ich schlafe keine Stunde. Boot-Camp ist die Hölle, nur anders.

Aber was einen nicht umbringt... Zurück im Fitness-Studio lerne ich freihändig crossen. Bei 15 Stundenkilometern kreise ich die Schultern, strecke ich den Rücken, spüre die heilende Wärme in meinem schwitzenden Körper. Es tut unglaublich gut. Soll noch einer behaupten, Sport wäre Mord.

Aber apropos: Wir kämpfen jetzt mit härteren Bandagen. Kein Problem. Ich freue mich auf die drei Abende pro Woche im klimaneutralen Fitness-Studio und ziehe durch, so gut ich kann. Oft merke ich gar nicht, wie schnell die 60 Minuten auf dem Bildschirm vor mir verrinnen - viel zu spannend sind die ulkigsten Laufstiele und die ehrgeizigen Gesichter um mich herum. Die Mischung der Leute ist so, wie ich es mag: It-Girl trifft 150-Kilo-Frau, eine Tätowierte rudert neben der rosaroten Kuschelmaus. So lang mir hier nicht langweilig wird, hat das Boot-Camp keine Chance.

Und was zwitschern die Vögelchen von den Bäumen:
Wird da inzwischen etwa schon geschwänzt?




Boot-Camp München


Wo ist Robert? Viele neue weibliche Gesichter, nur mein männlicher Mitstreiter der letzten Wochen fehlt. Ich bin also der Hahn im Korb des Boot-Camps - und das eigentlich ganz gerne. Einen Sonderbonus gibt's dafür allerdings nicht.

Um ehrlich zu sein: Auch ich habe eine Trainingseinheit für den Geburtstag eines hochbetagten Familienmitglieds geschwänzt. Marina hat ein Auge zugedrückt und mir im Vorfeld ein paar "Hausaufgaben" gegeben. Aus einer Trainingsstunde wurden dann gut zehn einsame Übungsminuten. Und selbst zu denen musste ich mich überwinden. Es ist einfach nicht dasselbe, ob ich permanent von einem Trainer angetrieben werde oder eben nicht.

Meine Faulheit musste ich in der folgenden Einheit büßen. Die Übungen fielen mir schwerer als sonst. Oder lag es einfach nur am nasskalten Wetter? Oder an einigen komplett neuen Übungen mit Sling und Kettlebell? Jedenfalls war ich nach der Stunde komplett K.o.

Eines kann ich aber auf jeden Fall sagen: Die neue, teure Funktionsunterwäsche hat sich jetzt schon bezahlt gemacht. Trotz 5 Grad Außentemperatur habe ich nicht mal einen Hauch von Kälte gespürt. Anders als unsere Zuschauer: Eine Gruppe junger Leute im Café gegenüber musste sich mit ihrem Bier eng unter die Heizstrahler kuscheln und zusätzlich in dicke Decken einhüllen, um uns vom Anfang bis zum Ende neugierige Blicke zuwerfen. Oder war es Mitleid? Oder Gelächter? Egal. Meine Konzentration galt den Übungen, verzähle ich mich doch eh ständig bei den Wiederholungen. Äh, wo waren wir ...?!

Ach ja: Die neuen Übungen mit den hübschen Namen Seestern oder Bunny (siehe Bild, kräftiges Hüpfen aus der Hüfte heraus nach links und rechts, Abstützen mit den Armen auf einer Matte im Blätter-Matsch) haben es in sich. Bereits am nächsten Tag melden sich meine Muskeln mit einem leichten Ziehen. Nicht so stark wie beim letzten Mal. Nur so viel, dass ich weiß, was ich getan habe.

Wenn ich ehrlich bin, macht mir das Boot-Camp inzwischen richtig Spaß. Ich kann es jedes Mal kaum erwarten, das Büro früher als sonst in Richtung Englischer Garten zu verlassen. Ich rechne noch immer fest mit einem Sieg gegen die Konkurrentin im Fitness-Studio. To be continued.

Ps.: Zu Beginn von Woche 5 ist Robert wieder mit von der Partie.


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