Vierter Streich
Im Rennen um den besten Kinderwagen für München sind also noch der Joolz und der Seed, Holland gegen Dänemark sozusagen. Wir holen sie uns als Testfahrzeuge bei den Händlern und erproben die Praxis mitten in unserer Stadt. Mit zwei großartigen "Leihkindern": Lisa und Max.
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Der Joolz mit schicker marineblauer Optik, Ledergriff und der noch fescheren Lisa an einer Tram-Haltestelle. |
Wie MVV-tauglich sind die beiden Konkurrenten? Wir beginnen an der Tram-Haltestelle Kurfürstenplatz, wo gleich eine Herausforderung auf uns wartet. Schön scheppernd biegt eine nostalgische Straßenbahn ums Eck. Gut, dass zwei junge Männer ihre Hilfe anbieten und unsere Kutschen die drei steilen Stufen hinaufhieven. Den kleinen Platz im Waggon steckt der Seed besser weg als der Joolz: Seinen Lenker können wir komplett einfahren, beim Holländer gelingt das nicht ganz so extrem. Somit hat der Seed Papilio beim Start eine Nuance Vorsprung.
Den setzt er allerdings auf dem Weg zu einem Straßencafé am Elisabethplatz auf Spiel, als das rechte Vorderrad schlackert. Zum Glück leistet hat das dänische Label gleich ums Eck einen Laden, der kleinere Reparaturen macht oder rasch mal die Schrauben nachzieht. In der Belgradstraße in Schwabing nimmt sich eine Mitarbeiterin unseres Problems an, kompetent und freundlich - und voilà: schon fertig!
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Café-Check: Wo geht der Joolz niemandem im Weg um? Wo wird das Kind nicht von der Sonne gebrutzelt? |
Fünfzehn Minuten später sitzen wir wie geplant vor Kaffee und Kuchen. Die Kinder sind entspannt, und so bleibt uns genug Zeit, um unsere schönen Kutschen zu mustern. Und auch die der Anderen.
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Beengt: Der Joolz mit kleiner Tasche ... |
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Kurios: Der Konkurrent Mutsy hilft aus. |
Am Joolz eines Nachbartischs hängt ein Teil, das dort gar nicht hingehört: ein Einkaufskorb des Kinderwagen-Herstellers Mutsy. Der Joolz selbst besitzt - offenbar der Optik geschuldet - nur einen klitzekleinen Beutel unter der Liegefläche des Kindes und keine Abstellfläche für größere Einkäufe. Die meisten Eltern behelfen sich mittlerweile mit dieser Anschaffung beim Konkurrenten, wie der Vater nebenan verrät:
"Sonst wär meine Frau schon längst narrisch!"
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Gleitet durch die Flure, wendet auf der Stelle: Der Seed Papilio im dm. |
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Praktische "Hörner" beim Seed. |
Ist es Einbildung, oder guckt der Mann etwas neidisch auf unseren Seed? Zwar verfügt auch der über keine Wanne, die Taschen, Lebensmittel und Spielzeug vor dem Davonkullern sichert. Aber immerhin gibt es Platz, um mal einen Bierkasten aufzuladen, wenn's denn gar nicht anders geht. Aber psst! Denn offiziell zugelassen sind - neben dem Kind natürlich - nur fünf Kilo...
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Große Abstellfäche beim Seed.
Das Einkaufsnetz kostet extra. |
Wer andere Bedürfnisse hat, stellt seine Taschen dort ab oder kauft sich ein Einkaufsnetz von Seed, das übersichtlich, schnell festgeklemmt und auch wieder zusammengeklappt ist. Für alles, was unten nicht mehr reinpasst, bietet der Seed zudem praktische "Hörner" links und rechts am Lenker, wie uns hier im Café auffällt. Auch nicht die dümmste Idee.
Was wir dem Papa nicht verraten: Der Seed hat - wie die meisten Design-Kinderwagen - einen weiteren Vorteil. Sein Dach ist stufenweise aufklappbar und schirmt das Kind wie jetzt von der prallen Sonne ab. Der Joolz kann nur ganz nach hinten und ganz nach vorne. Wobei ganz vorne oft nicht reicht. Das grelle Licht strahlt auf Lisas Stirn. Bleibt nur: Den Kinderwagen anders stellen oder sich eine Dachverlängerung als weiteres Zusatzteil kaufen. Wäääh!
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Wichtig für Max: Der Seed muss jederzeit einen Spielplatz finden und dort alles ab können - Sand, Schlamm, Schotter. |
Unsere Kinder Lisa und Max können nicht mehr ruhig sitzen. Sie wollen fahren und etwas erleben. Also: Spielplatz. Den tiefen Sand, den Schotterweg und die weiche Wiese meistern beide Kinderwagen vorbildlich. Ein Dreh aus dem Handgelenk, und die leichten Dinger drehen sich auf der Stelle um 360 Grad. So gefällt uns das. Denn diese platzsparende Wendigkeit zahlt sich auch kurz darauf im Drogerie- und Supermarkt aus. Alles kein Problem.
Doch: Ein Problemchen wäre da schon. Die kleine Lisa gehört gewickelt. Ihre Mama schlägt vor, kurz zu Hause Halt zu machen. Für den zweiten Stock ohne Aufzug scheinen der Joolz und der Seed wie geschaffen. Beide sind im engen Treppenhaus schnell flach gemacht.
Beim Seed stellen wir uns ein bisserl dumm an. Wie klappen wir die Räder gleich nochmal wie bei einem Airbus nach innen? Ein Erklärvideo auf seed-kinderwagen.de macht es uns vor. Nebeneinander vergleichen wir die Gestelle noch einmal abschließend: Der Seed ist länger und flacher, der Joolz eher würfelig. Damit dürften alle Kofferräume gut zurecht kommen. Und jetzt ab zum Gardasee!
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Geschmacksfrage: Lieber sehr flach und dafür länger wie beim Seed? Oder ein kleiner Würfel wie beim Joolz? |
Unser Test-Sieger ist ...
... der Seed Papilio.
Er liefert mehr Abstellfläche, hat den praktischeren Lenker und das flexiblere Sonnendach.
Wir sagen: Oha! Und Glückwunsch!
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Es muss nicht der kleine Schwarze sein: Den Seed gibt's in Grau, mit Chromgestell, Lederlenker und Vielem mehr. |
Als wir mit dem Testwagen und der frohen Botschaft in den Laden an der Belgradstraße zurückkommen, erfreut uns ein weiteres Gimmick. Im Schaufenster wird gerade umdekoriert auf edles Grau. Das nimmt uns den letzten Wind aus den Segeln.
Denn ehrlich gesagt: Beim Joolz hatten uns der Ledergriff und die schönen blauen, beigefarbenen oder braunen Wannen schon angesprochen, während der Seed stets als schwarzer Klassiker daherkam. Damit ist jetzt Schluss. Es wird bunt. Und selbst das Gestell soll noch im Sommer in Chrom zu haben sein.
Fesches Ding! Dem Kindl wird's wurscht sein, aber uns gibt's ja auch noch, Münchner, oder?
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In einigen Wochen erzählen wir euch in einem Abschlussbericht, was uns langfristig am Seed Papilio noch aufgefallen ist. Weitere Klapperräder oder gute versteckte Ideen, die uns Eltern das Leben erleichtern? Schnelle Verschmutzung, Abnutzung oder kluge, interessierte Kommentare von anderen Mamas und Papas? Eure Meinung und Erfahrung? Gerne mailen! Fortsetzung folgt, versprochen.