Mittwoch, 5. November 2014


WOCHE EINS


Ganz großes Tennis: Jetzt fühlen wir uns nicht nur fett und alt, sondern auch uncool!

Eine Sportwissenschaftlerin hat uns gewogen, penibel unseren Speckgürtel vermessen und unsere motorischen Fähigkeiten getestet. Gleichzeitig haben wir die ersten Trainingseinheiten hinter uns gebracht und sind gegen 9 Uhr abends ins Bett gefallen. In unseren Knochen sitzt die Müdigkeit.

Seit November läuft das Projekt "Fitness-Studio vs. Boot-Camp". Verrückt nach München schickt zwei Blogger ins Rennen, Sie und Ihn, beide Anfang 30. Wie läuft's denn so in Woche eins?


Fitness-Studio "Lady sportiv"


Konditionell sind die Stunden auf dem Crosser, Laufband oder Fahrrad hier oben im Industrie-Loft easy. Kein Muskelkater, gewohnte Bewegungsabläufe. Nur meine Knie beginnen zu schmerzen. Ob das an den neuen teuren Schuhen liegt, die meine Knöchel stabil halten, aber dafür den Rest des Körpers versauen?

Ich schiebe die Gedanken weg. Sie schlüpfen durchs gekippte Fenster, machen mal beim nächsten Skiurlaub Station, mal bei Freunden in Berlin. Mit mir schwitzen zehn junge Frauen um die Wette, im Fernseher über uns eine tonlose Tierdoku. Schräg gegenüber im Zwischenbau eines Hinterhofs verfolge ich die rhythmischen Tänzeleien eines Zumba-Kurses. Sollte ich in den kommenden Wochen das Gruppengefühl vermissen, werde ich mich den Damen anschließen. Momentan genieße ich es allerdings, nach einem hektischen Nachrichten-Tag im Großraumbüro meinen Kopf zu entleeren, allein-allein, keine Eilmeldungen und Chef-Ansagen mehr.

Die einzige Katastrophe hier ist meine Wampe. Aber die verstecke ich unter einer Frauenzeitschrift, während der Schweiß in den Nacken rinnt. Ich bin entspannt und frei. Die Konzentration ist woanders: einen Kilometer Luftlinie entfernt im Boot-Camp ...


Boot-Camp München


Noch ist der Herbst golden, doch das Thermometer zeigt bereits 4 Grad. Begleitet von den Blicken der Jogger, Kinder und Rentner im Englischen Garten beginnt das Boot-Camp. Marina Le Grand, unsere Trainerin, startet mit lockerem Aufwärmen. Optisch ist sie eine grazile Tänzerin, absolut kein Mannsweib - ihre Stimme freundlich, aber deutlich. Der Übergang zur ersten richtigen Übung ist fließend, wir rollen unsere Isomatten aus.

Klappmesser, Bergsteiger, Spiderman - was wir da machen, klingt zauberhaft, hat es aber in sich. Und damit nicht genug: Marina schaut auf ihre Stoppuhr: "Und los!" Ab jetzt zählt die Zeit. Schon eine Minute zeigt mir meine Grenzen auf. Auch wenn ich aus meinem Ingenieursjob ein gutes Verständnis für funktionelle Abläufe mitbringe, muss ich mich stark konzentrieren, um nicht den Anschluss zu verlieren. Zwischendurch gibt es Sprints. Sieben Sekunden lang renne ich, so schnell ich kann. Darauf folgt die
 "lohnende Pause". Mit Durchatmen hat das leider nichts zu tun. Ich darf wählen, ob ich eine Minute lang Skippings oder Hampelmann mache. Hallo, Pause?! Nein, erklärt Marina, der Puls soll nicht abfallen. Nach 15 Minuten weiß ich nicht mehr, wo oben und unten ist.

Worauf habe ich mich da nur eingelassen? 60 Minuten ohne Pause. Bei jedem Wetter. Unter dauernder Beobachtung. Aber dennoch: Irgendwie macht das Training Riesenspaß in dieser Gruppe von meistens sechs Leuten. 70 Prozent von ihnen sind Frauen. Ich bleibe.

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